Fehlende Bildsprache oder warum du in deiner Fotografie nicht weiter kommst

Kennst du das? Du bist viel mit deiner Kamera unterwegs, fotografierst dies und das, aber irgendwie fehlt dir das gewisse Etwas? Es fehlt der Funke der nicht und nicht überspringen will? Der rote Faden?

Tröste dich, du bist nicht allein da draußen, so ergeht es sehr vielen Fotografierenden. Eigentlich ergeht es der Mehrzahl so. Doch warum eigentlich? Lass mich ein bisschen ausholen.

Gerade auch in digitalen Zeiten der Fotografie, in der dein Auslöser schneller gedrückt ist als dein Motiv bis 3 zählen kann, entsteht eine ganze Flut an Fotos. Vermutlich kommt dir auch das bekannt vor. Du läufst herum, knipst was dir vor deine Linse springt. Wenn du das oft tust, dann wirst du bald eigene Festplatten oder online Speicher nur für deine Schnappschüsse anlegen müssen, so viele wirst du mit deiner Kamera produzieren.

Das liegt daran, dass ein Foto nichts mehr kostet. Du kaufst dir einmal deine Speicherkarte, diese kannst du dann füllen und leeren so oft du willst, ohne Zusatzkosten. Was gleichzeitig passiert ist, dass du den Auslöser viel schneller und unüberlegter betätigst. Besser ein Foto mehr als weniger, du kannst es ja ohnehin wieder löschen.
Grundsätzlich ist diese Möglichkeit toll. Du kannst deinem Hobby nachgehen, ohne dir ständig und täglich neue Kosten aufzuladen. Schließlich willst du ja nicht dafür arbeiten gehen um mehr Fotos machen zu können. Andererseits ist diese technische Entwicklung aber auch schlecht für deine fotografische Weiterentwicklung. Digitale Fotografie ist also Segen und Fluch zugleich. Warum? Ich verrate es dir. Auch was das alles mit Bildsprache zu tun hat.

Versetze dich kurz in die analoge Zeit der Fotografie zurück. Damals hattest du entweder einen Film mit 24 oder mit 36 Fotos in deiner Kamera eingespannt. Wenn der voll war, musstest du wechseln und eine neue Rolle einlegen. Jede dieser Filmrollen kostete Geld. Und nicht nur das, auch für die Entwicklung deiner Fotos musstest du noch Bares über den Tresen schieben. Insgesamt war die Fotografie also ein teures Hobby, vor allem wenn du viel fotografierst. Wenn du also dein digitales Knipsverhalten auf analoge Zeiten umlegst, dann kosten dich 1.000 Fotos, die ja durchaus relativ schnell zusammen kommen können, bereits ein kleines Vermögen.


Was bedeutete das nun für die tägliche Fotografie? Nun, ganz einfach, es wurde mit mehr Bedacht fotografiert. Die Fotos und Motive wurden sorgsam ausgewählt, die Fotografen machten sich einige Gedanken bevor sie auf den Auslöser drückten. Immerhin hatten sie ja nicht unendlich viele Möglichkeiten.


Das heißt jetzt nicht, dass die analogen Fotos schlussendlich auch zwangsläufig besser wurden, als die heutigen digitalen. Wer sich damals nicht mit der Fotografie auseinandergesetzt hat, konnte trotzdem keine besseren Fotos machen. ABER, es gibt ja immer ein aber! Alleine der Ansatz über die eigenen Fotos nachzudenken bevor sie in den fotografischen Kasten namens Kamera kommen, ist schon weit mehr als ich heute oft beobachten kann. Bloßes Knipsen bringt dich nicht weiter, auch wenn du es noch so oft ausführst. Denn dadurch werden deine Fotos nicht besser und es wird eben nicht „schon ein Foto davon passen“. Nicht wenn du nicht darüber nachdenkst, was du eigentlich willst. Was du willst und wo du hinwillst. Du selbst und du mit deiner Fotografie. Warum fotografierst du überhaupt und was willst du ausdrücken? Wie kannst du überhaupt ausdrücken was du dir vorstellst? Das sind die Dinge die du dir VOR dem blinden drücken des Auslösers überlegen musst.

Wenn du beginnst dir solche Gedanken zu machen, entsteht auch gleichzeitig ein anderer, wirklich wichtiger Effekt. Du beginnst Geschichten zu erzählen. Das ist der erste Schritt in Richtung einer eigenen Bildsprache. Womit wir den Bogen zum eigentlichen Thema gespannt hätten, zur Bildsprache.


Bildsprache ist ein sehr komplexer Begriff, unter dem sich viele nichts vorstellen können. Er wirkt irgendwie abstrakt, nicht wirklich greifbar. Vielleicht geht es dir ja auch so, deswegen erkläre ich dir kurz, was ich überhaupt mit Bildsprache meine.
Sie kann auf zwei Arten in Erscheinung treten, beide Male eint sie aber eines: die Geschichte hinter dem Bild. Fotos mit einer Bildsprache erzählen eine Geschichte. Entweder, das ist die erste Möglichkeit der Bildsprache, die Geschichte des abgebildeten Motivs. Das kann alles Mögliche sein, entweder Menschen, Landschaften, Architektur, eigentlich alles was du dir vorstellen kannst. Wenn du solche Fotos anfertigst, erzählen sie ihre Geschichte. Das kann eine positive, eine negative, oder auch eine kritische Geschichte sein. Das liegt ganz an dir und deiner Intention was du überhaupt damit sagen willst. Deswegen ist es essentiell dir darüber vorher Gedanken zu machen, ansonsten hast du nur eine leere, optische Fotohülle wie die meisten anderen auch.

Die zweite Variante der Bildsprache ist ein bisschen komplizierter, weil noch tiefgreifender. Sie handelt nämlich von dir selbst und nicht mehr zwingend von deinem abgebildeten Motiv. Du selbst sprichst aus deinen eigenen Fotos, du selbst erzählst den Betrachtern deine Geschichte. Das kannst auch nur du selbst, denn du bist einzigartig. Gleichzeitig werden dann auch deine Fotos einzigartig, denn niemand kann dieselbe Geschichte erzählen wie du. Niemand denkt wie du, niemand ist wie du. Nur du bist du. Nur du selbst kannst die Fotos machen die du machst.

Verstehst du worauf ich hinaus möchte? Deine Fotos brauchen Inhalt. Sie brauchen deine Gedanken. Dann wirst du auch endlich aufhören reihenweise nur Schnappschüsse und leere, seelenlose Bilder zu produzieren. Wenn du das nicht tust, dann wirst du irgendwann in deiner Fotografie feststecken. Du wirst dich nicht mehr weiter entwickeln.


So erging es mir auch vor vielen Jahren, als ich noch am Anfang meiner Fotografie stand. Ich lernte meine Kamera kennen, ich wußte über die Regeln der Fotografie Bescheid und ich perfektionierte die Fototechnik. Und dann war Schluss mit Entwicklung, ich steckte fest. An diesem Punkt fragte ich mich, warum ich eigentlich all diese vielen Fotos anfertige und was ich überhaupt damit bezwecke. Schließlich ist es ja Lebenszeit und ich wollte nicht nur die Zeit mit irgendeiner Aktivität totschlagen.

Die Lösung heißt Bildsprache. Als ich begann mich damit zu beschäftigen, begann ich gleichzeitig meine Fotos auf ein neues, nie erahntes Level zu heben. Plötzlich ging es nicht mehr um technische Perfektion, auch wenn dir das der Großteil deines Umfeldes zu vermitteln versucht. Nein, es geht um mehr, um viel mehr. Es geht um die Geschichte, es geht um Aussage, um Inhalt, es geht um dich und mich. Mit einer Bildsprache beginnen deine Fotos zu sprechen, sie werden interessant. Sie werden Betrachter dazu animieren sich damit auseinanderzusetzen. Mit einer bloßen Darstellung, die technisch mit 20 anderen neben dir, die alle dasselbe Foto machen, perfektioniert wird, wird dir das niemals gelingen. Wirklich niemals, das kann ich dir versprechen.

Aber ich kann dir auch noch etwas versprechen: wenn du beginnst dich mit deiner Bildsprache auseinanderzusetzen, dann werden deine Fotos automatisch besser werden. Eines ist jedoch klar, das Thema ist sehr komplex und nicht trivial. Nicht umsonst schafft es ein Großteil der Fotografierenden nicht die eigenen Fotos Geschichten zu erzählen lassen, ihnen eine Bildsprache zu geben. Weil sie auch nie darüber nachdenken. Es ist eine Entwicklung in der du Schritt für Schritt Aha-Momente haben wirst, wenn du dich damit beschäftigst.

Wichtig für dich: du kannst das lernen. Du musst nicht ewig nur Schnappschüsse produzieren, mit denen du dich eigentlich ohnehin nicht identifizieren kannst. Du kannst Bilder anfertigen, die dich erfüllen und die Teil von dir sind. Die Bildsprache macht es möglich!